Im Erzgebirgsvorland kann man im nördlichen Zschopautal hervorragend Sportklettern – das ist erstmal nichts grundlegend Neues. Neben den etablierten Klettergebieten an den Kriebethaler Wänden und an der Zschopauwand bei Frankenberg hat sich jedoch vor allem an den Felsen um das kleine Städtchen Mittweida in den letzten beiden Jahren unheimlich viel getan. Ein Spot ist dabei von besonderer Bedeutung: der Rote Bruch am südlichen Stadtrand von Mittweida. Wer dort das erste Mal vor der sog. Riesenwand steht, wird den Kopf ganz schön in den Nacken legen.
Die Riesenwand im Roten Bruch bei Mittweida in ihrer ganzen Schönheit: 35m hoch und 50m breit (Foto: M. Meyer)
Die Klettergeschichte des Roten Bruchs ist kurz erzählt. Bis in die 1990er Jahre stand auf dem Gelände eine Fabrik, welche den Zugang zur Wand blockierte. Die Fabrik wurde irgendwann abgerissen und das Gelände verwilderte. Bereits im Jahr 2013 entdeckte Gerald das unglaubliche Potenzial und richtete mit Freunden die ersten Routen in den Randbereichen des gewaltigen Steinbruchs ein. Auch durch den zentralen Teil der Riesenwand fand Gerald bereits damals eine kletterbare Linie – den heutigen Extremklassiker Desert Storm 8+. In den folgenden Jahren kehrte jedoch erstmal wieder Ruhe ein im Roten Bruch und die Riesenwand hielt weiter ihren Dornröschenschlaf.
Thomas Hering bei der Erstbegehung der Infektionskette 10-, dem derzeit schwersten Weg in Mittelsachsen (Foto: M. Meyer)
Es dauerte bis zur Corona-Krise im Jahr 2020, als plötzlich keine Kletterreisen mehr möglich waren und die Kletterer sich überall auf die nahe Umgebung besannen. So auch bei uns in Sachsen – die Klettergebiete an der Zschopau in Mittelsachsen rückten auf einmal in den Fokus. Durch die Pandemie bedingt, setzte im Roten Bruch eine breit angelegte Erschließung ein, die sich in vielen Routennamen widerspiegelt. Vor allem die beeindruckende 35 m hohe Riesenwand hatte es uns angetan. Gemeinsam mit Tom Ehrig, Thomas Hering und Tino Tanneberger bohrten wir geniale lange Linien ein und konnten sie schließlich auch Rotpunkt klettern.
Kleine Männer in großer Wand: Tobias Wolf in Infektionskette 10- und Michael Meyer in Goldgräberstimmung 9- (Fotos: M. Meyer)
Die Schwierigkeiten in den senkrechten bis leicht überhängenden Ausdauerrouten an der Riesenwand beginnen bei UIAA 8 und reichen mittlerweile bis zum unteren zehnten Grad. Egal ob die pumpigen Hangelrisse von Desert Gold 8, die feine Wandkletterei im Kontaktverbot 9- (Anmerkung: durch Ausbruch einer Leiste inzwischen 9+), die technischen Moves in der Goldgräberstimmung 9- oder eben der ultralange Extremklassiker Desert Storm 8+; alle Touren an der Riesenwand sind überaus lohnend und rechtfertigen einen oder mehrere Besuche im Roten Bruch.
Volker Kindermann startet ins Kontaktverbot 9+ und Christian Köhler und Thomas Hering streben der Sonne entgegen in Desert Gold 8 bzw. Anagrom Ataf 9. (Fotos: Geoquest-Verlag)
Neben den schweren Touren an der Riesenwand gibt es im linken und rechten Teil des Roten Bruchs auch viele Routen im mittleren Schwierigkeitsbereich von 6- bis 7+. Zusammen mit dem geräumigen Lagerplatz in der Mitte des Steinbruchs, wo genügend Platz zum Spielen und Toben für Kids ist, bietet der Rote Bruch also reichlich Potenzial, um einen gemütlichen Tag in großer Gruppe hier zu verbringen.
Frank Wirth in der Plattenkletterei von Ruby Tuesday 7+ und Gerald Krug beim Stützzug in der Zweiten Welle 7+ (Fotos: Geoquest-Verlag)
Einzige Wermutstropfen im Roten Bruch sind das stellenweise noch etwas bröselige Gestein, die Nässe im Einstiegsbereich einiger Routen an der Riesenwand im Frühjahr und dass durch Niederschläge regelmäßig etwas Sand von oben in die Routen reingespült wird. Ein Helm und eine Bürste sollten also auf jeden Fall mit eingepackt werden. Ein weiteres Plus des Roten Bruchs: bei leichtem Regen bleibt die Riesenwand durch ihre Steilheit relativ trocken, so dass nach einem Regenschauer bald wieder geklettert werden kann.
Alle Infos zum Klettern im Roten Bruch, zur Anfahrt und zu den insgesamt mehr als 40 Routen findet Ihr in unserem „Kletterführer Mittelsachsen„, der im Sommer 2021 bei uns im Geoquest-Verlag erschienen ist. Hier könnt ihr den Führer in unserem Webshop bestellen:
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Gilbert Mohyla im pumpigen Hangelriss von Desert Gold 8 (Foto: Geoquest-Verlag)